Würze fürs Leben

Salz macht den Geschmack, erhöht mitunter den Blutdruck und ist in jedem Fall unverzichtbar.

Text von Andrea Karrer/Illustration von Sarah Eiersholt

Auch wenn es uns heute so billig wie noch nie und in unbegrenzten Mengen zur Verfügung steht: Salz ist etwas Besonderes, obwohl wir in exotischen Gewürzen schwelgen können. Das beste Essen wäre langweilig, würde die Würze des Salzes fehlen.

Tatsache bleibt, dass der Mensch an Salzmangel ebenso zugrunde geht wie an zu viel Salz. „Der Mensch kann ohne Gold leben, aber nicht ohne Salz“, schrieb schon der römische Staatsmann Cassiodor vor mehr als 1.500 Jahren. Solange sich die Urmenschheit ganz oder überwiegend von Tieren ernährte, genügte ihr das Salz aus dem tierischen Fleisch. Aber als sie sesshaft wurde und immer mehr auf vegetarische Kost, auf Körnerkost, umstieg, fehlte es ihr. Wenn sie es nicht aus Salzquellen, aus dem Meer oder aus freiliegenden Salz­stöcken in Stein gewann, musste sie andere Wege finden, um zum lebensnotwendigen Salz zu kommen. Am Meeresufer legte sie Salzgärten an und wartete, bis die Sonne das Wasser verdampfte.

Erstaunlich, wie früh auch auf unserem Boden bereits hochentwickelte Verfahren zur Salzgewinnung ein­gesetzt wurden. Im Salzkammergut dürfte man um 2.400 v. Chr. entdeckt haben, dass so manche Quelle, die aus einem salzhaltigen Berg sprudelt, etwas würziger mundet als ­andere Wässerchen. Es ist eigentlich Meersalz, das es durch tektonische Verschiebungen und Umschichtungen in die Alpenregion verschlagen hat. Und spätestens in der Hallstattzeit (700–450 v. Chr.) entdeckte man die verborgenen Salzlager im Berg, zu denen die Menschen in schrägen Stollen vordrangen. Salz war in dieser Zeit mehr wert als Gold, man bekam ziemlich viel davon für eine Handvoll Salz. Salz bedeutete Macht und Reichtum – das lernten die Mächtigen sehr schnell. Die Habsburger machten das Salzvorkommen in Österreich zu ­ihrem Monopol. Das Salzkammergut wurde jahrhundertelang zur Sperrzone erklärt, in die man nur mit einem Pass einreisen konnte.

In der Geschichte spielte Salz eine wichtige Rolle: Das Mineral war für unzählige geschichtliche Entwicklungen und Ereignisse verantwortlich, darunter die Erbauung des Eriekanals, die Französische Revolution und die indische Kolonia­lisierung durch Großbritannien sowie auch der ­Freiheitskampf Indiens.

Nahezu jede Speise wird mit Salz gewürzt. Salz verhindert das Lösen der organischen Würzstoffe aus den verschiedensten Zutaten und erhöht dadurch die Wahrnehmung im Geschmack. „Das ist jedoch nicht der Grund, warum Gemüse üblicherweise in Salzwasser gekocht wird. Hier erfüllt das Salz einen weitaus wichtigeren Effekt. Es schließt die Zellwände auf und verkürzt damit die Garzeit. Dadurch bleiben wichtige Inhaltsstoffe im Gemüse enthalten, sodass es seine gesundheitsfördernde Wirkung noch besser entfalten kann. Bei Hülsenfrüchten ist das aber nicht der Fall.

Hier sollte erst nach der Zubereitung gesalzen werden“, weiß Küchenchef Joachim Gradwohl. Egal ob in Süßem, Saurem oder Deftigem, zumindest eine kleine Prise Salz gehört meistens dazu. Salz kann den Geschmack eines Gerichts verstärken oder hemmen – bitterer Geschmack wird abgeschwächt, während die Geschmackswahrnehmung von Umami oder Süß durch Salz verstärkt wird“, so der Spitzenkoch weiter.

Persisches Blausalz, Himalayasalz, Fleur de Sel, schwarzes Lavasalz, Hawaiian Black Sea Salt, Steinsalz … Zehn Prozent des weltweiten Salz­konsums entfallen auf sogenannte Gourmet- und Spezialsalze. Welches Salz ist das gesündeste? Schmecken teure Salze besser?

Grundsätzlich war jedes Speisesalz, egal welche Farbe es hat und woher es kommt, irgendwann einmal nichts anderes als Meerwasser. Auch teures, weit gereistes oder gut vermarktetes Spezialsalz ist also chemisch gesehen nichts anderes als Natriumchlorid.

Am weitesten verbreitet sind zwei Arten der Salz­gewinnung, die Rede ist dabei von Meersalz und Steinsalz. Die Meersalzgewinnung wird geschichtlich am längsten betrieben. Dabei wird das Wasser aus dem Meer in sogenannte Salzgärten geleitet, wo es unter der Sonneneinstrahlung langsam verdunstet. Die oberste Schicht der kristallartigen Rückstände stellt das Natriumchlorid dar, das wir als Speisesalz verwenden. In der modernen Lebensmittelindustrie wird es weiters raffiniert und gereinigt, wobei leider auch wertvolle Mineralien ausgewaschen werden. Ähnlich geht es auch dem Steinsalz. Dieses wird jedoch unter Tage abgebaut, wo riesige Salzvorkommen von urzeitlichen, aber inzwischen ausgetrockneten Salzseen zeugen.

Zwar enthält Himalayasalz zusätzlich etwas Eisen, Lavasalz Kohlenstoff und jedes Salz regional unterschiedliche Gehalte an zusätzlichen Mineralien, Spurenelementen, Tonerde, Gips, weiteren Salzen oder anderen Stoffen. Diese sind im Mengenverhältnis jedoch sehr gering vorhanden und machen zwischen einem bis drei Prozent aus. Auf die tägliche Menge Salz gerechnet, trägt auch teures Spezialsalz nicht wirklich dazu bei, uns in irgendeiner Form mit zusätzlichen, für die Gesundheit positiven Stoffen zu versorgen.

Eine Besonderheit des Meersalzes ist die Salzblume, je nach Herkunft auch Fleur de Sel oder Flor de Sal ­genannt. Dabei handelt es sich um eine dünne Salzkruste, die sich an sehr sonnigen und windigen Tagen an der Wasseroberfläche bildet und dann, meist per Hand, abgeschöpft wird. Aufgrund seines Wasser­gehalts von bis zu fünf Prozent ist Fleur de Sel immer etwas klebrig und auch nicht feinkörnig. Beim Geschmack der verschiedenen Salzarten scheiden sich die Geister. Schließlich ­bestehen sie, wie bereits erwähnt, immer zum Großteil aus Natriumchlorid. ­Aufgelöst in Wasser, schmecken deshalb fast alle Salze gleich (nachzulesen auch auf www.alacarte.at unter dem Titel Schmeckt Salz wie Salz? in der Ausgabe 2/2006).

„Einen wirklichen Unterschied kann jedoch die Körnung des Salzes ausmachen, wenn es erst nach dem Kochen auf das Essen gestreut wird. Die Geschmacksintensität größerer Salzkris­talle, wie etwa von grobem Meersalz oder Fleur-de-Sel-Splittern, kann gerade Fleisch- und Fischgerichten eine schmackhafte Note verleihen. Und: ­Dekorativ sind sie auch noch“, erklärt ­Joachim Gradwohl. Doch auch das trendigste Salz ist meistens nur Salz …

Eine Möglichkeit, Salz mit vollen Händen zu verstreuen, ist die Zubereitung von Fisch oder Fleisch im Salzteig – hinreißend schlichte Gerichte. Durch die Salzmasse bleiben Geflügel, Fisch, aber auch Gemüse saftig wie bei keiner anderen Garmethode. Eines der Lieblingsgerichte Eckart Witzigmanns ist die Dorade in Salzteig. Dazu nehmen Sie eine ca. 1,5 Kilo schwere Dorade (Zander eignet sich auch hervorragend). Dem frisch gepfefferten und mit Olivenöl beträufelten Fisch gibt man einen frischen Zweig Thymian in den Bauch und ummantelt ihn mit einer dicken Schicht aus grobem Meersalz. Danach wird der Fisch in eine feuerfeste Form auf ein Bett aus Meersalz gelegt und die Oberseite zusätzlich mit Meersalz bedeckt. Das Salz wird vorsichtig festgeklopft und mit ein paar Tropfen Wasser besprenkelt. Bei 240 °C wird das Ganze ca. 45 Minuten im Ofen gegart. Im Anschluss wird die Salzkruste abgeklopft, der Fisch filetiert und mit etwas Olivenöl beträufelt serviert. Die Salzkruste wird natürlich nicht mitgegessen. Und bitte, was tun, wenn eine Speise versalzen ist? „Am besten von vorne anfangen“, meint Gradwohl bedauernd.

Salzzitronen: Rezept von Joachim Gradwohl, Restaurant Lilli & Jojo, Gamlitz

Zutaten für 1 Glas (ca. 750 ml)

8 kleine dünnschalige Biozitronen
5 Lorbeerblätter
1 TL Kubeben-Pfeffer
1 TL Vanillezucker
100 g grobes Meersalz
60 ml Olivenöl

Zubereitung
5 Zitronen heiß abwaschenund trocken reiben. Die Spitzen abschneiden und längs kreuzweise einschneiden.

Lorbeer, Pfeffer und Zucker im Mörser grob zerstoßen.

Reichlich grobes Meersalz in die Einschnitte der Zitronen geben und so die Zitronen in das Einmachglas drücken. Die Zitronen sollen dabei Saft ziehen. Restliches Salz, Lorbeer und Pfeffer sowie Zucker dazwischenstreuen.

Das Glas verschlossen 24 Stunden in den Kühlschrank stellen. Zwischendurch schütteln. Die restlichen Zitronen auspressen und das Glas mit Zitronensaft und Olivenöl auffüllen. Sehr gut schütteln und pasteurisieren.

An einem dunklen Ort mindestens 4 Wochen ziehen lassen.

Tipp: Salzzitronen, dünn aufgeschnitten, sind eine wunderbare fruchtige Aufwertung für vegetarische Gerichte wie auch gut passend zu Huhn und Lamm.