Fisch vom Allerfeinsten

Fisch vom Allerfeinsten

Wenn die sommerlichen Touristen-Horden wieder heimwärts gezogen sind, regiert an der Riviera und Côte d’Azur neben der wunderschönen Landschaft wieder die Feinschmeckerei. Und dass die Preise im Herbst um zumindest ein Drittel niedriger liegen, ist ja auch kein Nachteil
Text von Hans Mahr Fotos: beigestellt
Konzentrieren wir uns auf das "Herzstück", auf die Küste zwischen Genua und Saint-Tropez. Die erste "Genuss-Station" für alle, die aus Wien, Salzburg oder Innsbruck kommen, liegt in Imperia. Die "Locanda del Mar" direkt am Hafen lockt mit gebratenen Tintenfischen und Pilzrisotto, mit Meeresfrüchte-Pasta mit dem frischesten Fisch, der sich frühmorgens noch unbeschwert im Meer vergnügt hat. Wer’s lieber etwas vornehmer hat, geht in die "Lanterna Blu da Tonino", ebenfalls am Hafen (Spezialität: Garnelensuppe mit Schnittlauch und Knoblauch, alle Arten von Krustentieren), das auch über eine hochinteressante Auswahl an ligurischen Weinen verfügt.
40 Kilometer weiter in Richtung Frankreich, in Bordighera, präsentiert das "La Via Romana" die wahrscheinlich beste Küche der Riviera. In einem eleganten Jugendstilhaus zelebrieren die beiden Inhaber Pino Graciano (am Herd) und Romulo Giordano (im Restaurant) die ligurische Hochküche von grünen Ravioli mit Drachenkopf-Ragout über Venusmuschelsuppe mit roten Garnelen bis zum in Folie gedünsteten Kapern-Fisch. Besonders empfehlenswert: die "Degustazione della Mer" um 65 Euro.
Letzter Feinschmecker-Treff direkt an der italienisch-französischen Grenze ist Ventimiglia. Von der Meeres-Terrasse des "Balzi Rossi" und der Veranda des in einem nahen Park liegenden (trotzdem Meerblick!) "Baia Beniamin" sind es nur noch wenige hundert Meter nach Frankreich. Beide Restaurants sind elegant-vornehm, wobei es im "Beniamin" eher italienisch und im anderen eher mediterran-französisch zugeht.
Drüben in Frankreich wartet Monaco und damit auch eine Preisgestaltung, die einem die Haare zu Berge stehen lässt. Sicher sind die Ableger von Alain Ducasse ("Louis XV" im Hotel de Paris) und neuerdings von Joël Robuchon (im Hotel Metropol) hervorragend, sozusagen Wallfahrtsstätten für Côte-d’Azur-Gourmets.
Allerdings: Für ein Menü muss man bei beiden Herren zwischen 160 und 180 Euro hinlegen – und ich gebe ehrlich zu, dann schmeckt’s mir nur noch halb so gut. Ähnliches gilt für das traumhafte "Chevre d’Or" im mittelalterlichen Eze mit der wohl schönsten Aussicht zwischen Monaco und Cap Ferrat. Ideal für einen Heiratsantrag, durchaus ordentliches Menü, aber nur für die prall gefüllte Brieftasche. Vor dem daneben liegenden "Chateau Eza" sei gewarnt. Zwar ist der Blick ebenfalls herausragend, aber das Essen unter jeder Kritik.
Konzentrieren wir uns auf Nizza, Cannes und Saint-Tropez, wo man abseits der diversen hoteleigenen Spitzenrestaurants (warum diese in den Führern noch immer so hoch bewertet werden, ist ein Rätsel) großartig und doch noch bezahlbar schlemmen kann. Die besten Austern findet man in Nizza im "Café de Turin", in der Nähe des alten Hafens. 6 Fin de Claire, 6 Belons, dazu ein Stück dunkles Brot und ein Achterl Sancerre – und die Welt ist in Ordnung!
Um die französische Nouvelle Cuisine – aber der besten, provenzalischen Art – genießen zu können, muss man ein Stück weiter nach Grasse fahren. Jean Chibois bringt in seiner "Bastide Saint-Antoine" (dort kann man auch stilvoll übernachten!) tatsächlich die Provence auf den Teller: Fisch und Fleisch kommen mit violettem Spargel, mit Sellerie-Sesamsauce, mit kleinen Tomaten und Nüssen, ja sogar mit Jasmin-Confit auf den Tisch. Und natürlich stammt das Olivenöl dazu vom eigenen Grund und das Sorbet kommt von selbst gezogenen Orangen und Limonen.
Etwas preiswerter isst man in der Altstadt von Mougin, in meinem absoluten Lieblingslokal, dem "Bistrot de Mougins". Wo, bitte schön, kann man um 39 Euro in vier Gängen zwischen Sardinen mit Minze, gebackenen Zucchiniblüten, Daube de Boeuf (Rindsgulasch mit Gemüse), Kalbsnieren in Senfsauce und Schweinsfuß à la Marseille wählen. Wobei es zum Nachschlag eine geeiste Schokocreme gibt, an die man sich noch Tage später erinnert. Nicht nur wegen der Kalorien …
Der Bistro-Tipp Nummer zwei liegt in der Altstadt von Cannes. Im "La Cave" gibt’s herrliche Foie gras, Bistroküche und einen der besten Keller für Provence-Weine. Wer’s gern etwas sparsamer hat, für den hat um die Ecke Noël Mantel das "Simplicité" eröffnet. Ein Mini-Wirtshaus, wo man um 15 Euro Soupe de Pistou, Kaninchenrücken mit provenzalischem Gemüse und eine hausgemachte Tarte von Birnen oder Äpfeln genießen kann.
Noch etwas mehr als eine Stunde und wir sind in Saint-Tropez. Ehrlich, dorthin fährt man normalerweise nicht wegen der Küche, sondern wegen des Chics und der bezaubernden Altstadt, wegen des Lavendelduftes und wegen des Meeres, das in der Bucht tatsächlich noch azurblau sein kann. Aber auch beim Essen hat sich in den letzten Jahren einiges zum Guten gewendet. Wer die beste Bouillabaisse östlich von Marseille genießen will, fährt die fünf Kilometer an den Strand von Ramatuelle zu "Chez Camille". Mutter und Schwiegertochter Berenguier servieren die Fischsuppe mit Drachenfisch und Rotbarbe, mit Petersfisch und – auf Bestellung – Languste. Authentischer geht’s nicht.
In Saint-Tropez selbst gibt’s den besten Fisch bei Joseph im "L’Escale", direkt am kleinen Hafen. Asiatisch-französisch wird man im "Banh Hoi" bekocht, das recht malerisch in einer winzigen Seitenstraße oben in der Altstadt liegt. Und die beiden besten "Neuzugänge" liegen gleich neben dem Place de Lices. Das tatsächlich bunte "Colors" von Patron Ludovic serviert eine Art neue französische Küche, wie man sie heute vor Ort nur selten bekommt. Klassiker wie Entenbrust (in Himbeer-Essig), Kalbsleber (auf Petersiliensauce) oder Seewolf, Dorade und Kabeljau (in Meersalz gedünstet) werden neu interpretiert und sind geschmacklich wie preislich empfehlenswert. Des Rätsels Lösung: Der Patron hat fünf Jahre lang in Australien gelernt …
Tipp Nummer zwei ist das "Spoon" im berühmten Hotel Byblos, wo Alain Ducasse sein Erfolgsrezept (bisher in Paris, London, Hongkong) auch an die Côte d’Azur gebracht hat. Der Gast wählt das Gericht aus, bestimmt dazu Sauce und Beilage. Seebarsch, Jakobsmuscheln, Thunfisch können mit Zitronenvinaigrette, Satésauce, gefüllten Paprika, Wok-Gemüse oder Frühlingsrollen konsumiert werden. Beef, Spareribs oder Kalbfleisch wahlweise mit "Teufelsmarmelade", Tomatensalat oder Pilznudeln. Zutreffendes ankreuzen!
Noch ein letzter Grund, warum Riviera und Côte d’Azur im Herbst viel Spaß versprechen: Die Hochsaison-Arroganz hat nachgelassen, der Service ist wieder freundlich und meist bekommt man sogar ein herzliches "Arrivederci" oder "Au revoir" mit auf den Heimweg …

Locanda del Mar,
Strada Lamboglia, 12, Borgo Prino Imperia – Porto Maurizio,
Tel.: +39/0183/65 25 23
Lanterna Blu da Tonino,
Via Scarincio 32 – Porto Maurizio – 18100 (Imperia),
Tel.: +39/0183/638 59
La Via Romana,
Via Romano 57, 18012 Bordighera (Imperia),
Tel.: +39/0184/26 66 81
Bai Beniamin, Frazione Grimaldi,
Corso Europa 63, 18039 Ventimiglia (Imperia),
Tel.: +39/0184/380 02
Balzi Rossi,
2 Via Balzi Rossi, Ponte San Lodovico, 18039 (IM),
Tel.: +39/0184/381 32
"Louis XV" im Hotel de Paris,
Place du Casino, Monaco 98000,
Tel.: +377/92 16 30 00
Joël Robuchon (im Hotel Metropol),
4, avenue de la Madone, 98000 Monaco,
Tel.: +377/93 15 15 15
Chevre d’Or,
Hotel Palace French Riviera, Eze Village,
Tel.: + 33/4/92 10 66 66
Chateau Eza, Rue de la Pise, 06350 Eze Village,
Tel.: +33/4/93 41 12 24
Café de Turin, 5 Place Garibaldi, Nizza,
Tel.: +33/4/93 62 29 52
Bastide Saint-Antoine,
48, avenue Henri Dunant, 06130 Grasse,
Tel.: +33/4/93 70 94 94
Bistrot de Mougins,
Place du Village, 06250 Mougins,
Tel.: +33/4/93 75 78 34
La Cave,
9 bd de la République, 06400 Cannes,
www.restaurant-lacave.com
Simplicité,
5 rue Jean Daumas, 06400 Cannes,
Tel.: +33/4/93/68 27 40
Chez Camille,
Quai Bonne Terrasse,
83350 Ramatuelle,
Tel.: +33/4/98 12 68 98
L’Escale,
Quai Jean Jaurés, 83990 Saint-Tropez,
Tel : +33/4/94 97 00 63
Banh Hoi,
12 rue du Petit Saint-Jean, 83990 Saint-Tropez,
Tel.: +33/4/94 97 36 26
Spoon,
Avenue du Maréchal Foch, 83990 Saint-Tropez,
Tel.: +33/4/94 56 68 20