La grande Féte

Vielleicht war ja die Großmutter schuld. Oder die besonders kulinarische Atmosphäre des Elsass. Ansonsten aber gab es keine Vorzeichen auf eine Koch-Karriere, als Alain Weissgerber 1967 im 4.000-Seelen-Ort Ingwiller geboren wurde. Nur die Oma eben verdiente ihr Geld als professionelle Köchin bei einer Familie und verwöhnte nebenbei die Enkel Serge, Alain und Rachel mit ihren Küchenkünsten. Eine erste Ahnung, was die Zukunft bringen könnte, bekam man, als das Kind Alain mit dem Wunsch "Ich will ein Lebensmittelgeschäft haben" auf sich aufmerksam machte. Doch zuerst, natürlich, kam die Schule, und die war nicht so sein Ding. Die Flucht in eine Konditorlehre war extrem kurz und kaum der Rede wert, denn zum Glück landete Alain Weissgerber sicher auf dem richtigen Sprungbrett zur Karriere: als Kochlehrling bei Dominique Le Stanc, einem Michelin-besternten Küchenchef in Niederbronn-les-Bains. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Nach der Hotelfachschule in Strasbourg verfeinerte der französische Meisterkoch sein Können in 2- und 3-Stern-Restaurants in Deutschland, bevor er im Wiener "Steirereck" landete.

"Koch musst du aus Leidenschaft sein", sagt Alain Weissgerber heute, "und aus jeder Küche, in der du arbeitest, nimmst du etwas Besonderes mit." Rückblickend am meisten beeinflusst haben ihn Otto Koch, der im "Le Gourmet" in München deftigere Gerichte neu interpretierte, und Helmut Österreicher, der den Franzosen für die österreichische Küche begeistern konnte. Das Resultat ist ein bemerkenswertes Cross-over aus hiesiger Bodenständigkeit mit Elementen der Haute Cuisine, die der Spitzenkoch seinen Gästen mittlerweile im eigenen Restaurant serviert. Denn seit der Vision "Lebensmittelgeschäft" war für ihn klar, dass es zumindest einmal ein eigenes Lokal sein muss. Die Chance dazu ergab sich 1992, als er im burgenländischen Weiden am Neusiedler See die "Blaue Gans" eröffnete, die seither Publikum und Gourmetkritik gleichermaßen begeistert. Und zwar immer in neuer, veränderter Form, denn Stillstand ist keine Kategorie im Leben von Alain Weissgerber. In den Wintermonaten, wenn der Neusiedler See unter einer Eisdecke erstarrt, das Leben im Burgenland bis zum Frühjahr den Atem anhält und die "Blaue Gans" geschlossen hat, dann zieht er hinaus in die Küchen dieser Welt, um sein Können zu perfektionieren. Seine Inspirationen suchte er bislang u. a. bei Hans Haas im Münchener "Tantris", bei Wolfgang Puck im "Spago" in Los Angeles, bei Jo¨el Robuchon im Pariser "La Table" und bei Jörg Wörther, damals noch im "Schloss Prielau". In Folge entstehen neue Kreationen, aber immer auf der Basis "französischer Küche gepaart mit regionalen Produkten".
Das Motto "Elsass trifft Burgenland" hat Alain Weissgerber auch privat umgesetzt: Er ist mit Barbara Eselböck aus der "Taubenkobel"-Familie in Schützen liiert, die im Restaurant mit geschmackvollem Design für Gemütlichkeit sorgt und als Sommelière zu Weissgerbers Gerichten immer den passenden Wein findet. Ihre gemeinsame Tochter Rosa wurde 2004 geboren und nach den Vorzeichen zu schließen, gibt es wohl kaum Zweifel an ihrer kulinarischen Zukunft. Aber das werden wir wohl frühestens in 25 Jahren wissen.

ISBN 3-902469-03-X
€ 27,90