Hink reloaded

Dass man das Image eines verstaubten Traditionsbetriebes aufpolieren und die Wiener Gourmetszene mit einem Delikatessen- Revival aufmischen kann, beweisen die Neo-Eigentümer der Hink-Pastetenmanufaktur Hans-Peter Spak und Sohn Peter Spak.

Hink reloaded

Text von Claudia Schemerl-Streben Fotos: Manfred Klimek
Die Gästeliste eines neu eröffneten Restaurants in München ist lang: VIPs, Gourmets, Produzenten und Sterneköche aus dem In- und Ausland stehen Schlange, um den neuen Gourmettempel zu begutachten. Darunter auch Eckart Witzigmann und Jörg Wörther. Hinter ihnen: Hans Peter Spak und sein Sohn Peter, Neo-Eigentümer der Hink-Pasteten-Manufaktur, die seit 75 Jahren Feinkostläden und ausgewählte Restaurants in Wien mit qualitativ hochwertigen Terrinen und Pasteten beliefert. Witzigmann hört den Namen seines Hintermanns, dreht sich um und gerät ins Schwärmen. Auch Wörther wird nostalgisch: Er erinnert an die eigene Lehrzeit, in der er Hink-Pasteten aufgeschnitten hat. Zufall oder vorprogrammiert: Auf die Avancen von Spak junior, gemeinsam Produkte zu kreieren, reagiert der Jahrhundertkoch Witzigmann spontan mit einer Zusage. Er schickt seinen Manager und kurz darauf einige Rezeptideen nach Wien. Vier Reisen nach München, unzählige Verkostungen und ein finalisierendes Feintuning später war es soweit: Im Oktober 2008 kam die Edition Witzigmann mit Kreationen wie Kalbsfilet in Madeira-Gelee mit Gänseleber, Rillettes vom Sulmtaler Huhn mit eingelegten Nüssen und Ingwer oder Rehpaté mit karamellisierten Maroni ins Glas, die man heute in fünf Sorten in den Vitrinen von Wiener Delikatessengeschäften findet.
Im Sommer 2007 übernahm Hans-Peter Spak gemeinsam mit seinem Sohn den Traditionsbetrieb (www.hink-pasteten.at) mit Sitz in Floridsdorf von Anton Hink. Nachfolger gab es keinen, der Deal mit den Spaks wurde deshalb schnell fixiert: "Wir waren zu der Zeit gerade dabei, Spak Feinkost zu verkaufen. Da alles schneller über die Bühne gegangen ist als vorgesehen, haben wir gleich zugeschlagen und unsere Energie ins Pasteten-Business verlagert", verrät Spak junior. Die Hink-Manufaktur war für das smarte Vater-Sohn-Duo eine durchaus attraktive Option: "Die Pasteten waren immer im Premiumsegment angesiedelt, auch wenn die Firma Hink in der Zeit stecken geblieben ist, abgewertet wurde die Marke nie. Anton Hink konnte sich auf Topware berufen, einem Preis-Dumping hat er sich nie unterworfen. Er hat immer gesagt: ‚Meine Pasteten sind eins a und das hat eben seinen Preis.‘ Das war einerseits gut für die Marke, andererseits ist es mit der Zeit doch leiser um ihn geworden, weil er nie die Werbetrommel rühren wollte. Seine Stammklientel ist ihm trotzdem treu geblieben. Es hat nie geheißen, der Hink hat einmal gute Ware produziert, sondern der Hink produziert gute Ware. Somit war klar: Der Boden, auf dem wir aufbauen, ist nährstoffreich und wir können neu durchstarten."
Nach der Übernahme wurde die 2.000 Quadratmeter große Manufaktur innerhalb von zwei Monaten mit einer Investitionssumme von zwei Millionen Euro in Etappen modernisiert. "Man könnte hier natürlich noch einiges an Geld reinstecken", Spak junior lacht, "aber für uns war es wichtig, dass wir mit einem Tophygienestandard produzieren können. Wir haben das Gebäude quasi ausgehöhlt: Vom Boden über die Installationen bis zum Equipment ist fast alles erneuert worden, nur die Hülle ist stehen geblieben." Das Geschäft von Anton Hink wurde stillschweigend fließend übernommen: "Die Saison haben wir einfach kommen lassen, das Weihnachtsgeschäft mitgenommen, uns ab dem Frühjahr 2008 voll auf Entwicklung und Innovation gestürzt und im Oktober, rechtzeitig zum Saisonstart, das Eröffnungsfest angesetzt, um die Ära Hink neu einzuläuten."
Modernisierung gab es aber nicht nur was Ausstattung und Technik betrifft, auch das Sortiment wurde neu auffrisiert und zu 60 Prozent durch ein neues ersetzt. "Wir haben Grammaturen überdacht, Rezepte stark überarbeitet und neue Gewürze und Aromen reingebracht. Natürlich haben einige Kreationen noch immer ihre Berechtigung, auch wenn sie ein bisschen verstaubt sind: Traditionelle Sachen wie die klassischen Leberpasteten, da gibt’s etwa die Försterin, die Winzerin und die Schöne Gärtnerin – das sind Hinks geschützte Markennamen –, fahren wir sicher weiter. Aber es gibt auch Pasteten, die wir rausgenommen haben. Anton Hink hatte 40 bis 50 Produkte, die er das ganze Jahr über durchgezogen hat. Die Rehpastete im Teig war von Jänner bis Dezember im Sortiment, und das über Jahrzehnte. Der Innovationsgrad war sehr schwach und es hat keine Saisonalität gegeben. Wir wollen bei den Rohstoffen stärker in die saisonale Schiene rein, Bärlauch und Spargel im Frühling und Wild im Herbst verwenden. Außerdem wollen wir im Fischbereich zulegen, mit Kreationen wie Oktopussülzchen, Räucherforellen-Spinat-Terrine oder gesulztem Wurzelkarpfen." Bei den Gläsern erfolgte ein Umstieg auf kleinere Ausführungen: "Herr Hink hat Gänseleberprodukte in 350-Gramm-Gläser eingerext. Wir haben auf die Hälfte reduziert und glauben, dass sie eigentlich noch immer zu groß sind."
Ein Kooperation mit den Carnuntum-Winzern und Spitzenkoch Adi Bittermann sorgte ebenfalls für eine Neukreation: die Carnuntum Wildschweinpastete. "Das Fleisch für die Pastete kommt ausschließlich aus der Genussregion Carnuntum. Es geht sich haarscharf aus, dass wir von dort die Menge bekommen, die wir brauchen. Insgesamt haben wir 30 Jäger, die uns beliefern und die uns anrufen, sobald sie eine Wildsau für uns haben."
Acht Mitarbeiter sind von Montag bis Freitag mit der Herstellung feiner Pasteten, Terrinen, Rillettes und Pralinen unter der Leitung von Georg Liepold, dem ehemaligen Küchenchef im "Ofenloch" und in den "Drei Husaren", beschäftigt.
Fließbandproduktion gibt es keine. Kutter, die 500 bis 1000 Kilogramm Material fassen, und Riesenkessel sucht man hier vergebens. Es herrscht Großküchenatmosphäre und keine Industrie-stimmung. Terrinen werden händisch in Formen gefüllt, Pasteten akribisch in Schinkenspeck gerollt und Pralinen behutsam in Schokospänen gewälzt. "Es ist egal, ob ein Mitarbeiter zehn Fasanterrinen oder 100 macht – es ist dann einfach der zehnfache Aufwand." Produziert wird nur auf Bestellung – ab einer Menge von zwei Kilogramm: "Wenn ein Gastronom am Montag bei mir bestellt, produziere ich am Dienstag und liefere am Mittwoch. Frische soll unsere Stärke sein."
Zu den Abnehmern des Traditionsunternehmens zählten bisher neben Wiener Gastronomiebetrieben Delikatessengeschäfte wie Meinl am Graben, Böhle und Opocensky. Jetzt haben die Spaks eine geschickte Marketingstrategie gestartet: Das Hink-Sortiment wird ab sofort in Wein & Co-Filialen in ganz Österreich angeboten. Außerdem hat Spak vor, mit seinen Pastetenkreationen auch in den deutschen Feinkostmarkt einzusteigen: "Wir sind gleich zum Oberguru in Sachen Einkauf bei Dallmayr vorgedrungen und auch mit Käfer und dem KDW in Berlin führen wir Gespräche", sagt Spak stolz. Damit nicht genug, hat Hans-Peter Spak vor wenigen Wochen einen neuen Coup gelandet und seinen verkauften Betrieb Spak Feinkost zurückerobert. So landen zwei Wiener Traditionsunternehmen unter einem Dach. Während Spak senior sich also wieder seinen Gabelbissen widmet, wird sich Peter Spak weiter im Pasteten-Business festigen. Oder umgekehrt? Egal. Mit Brot schmeckt beides.